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Ohne Regeln geht es nicht, oder?

Servicequalität - Warum Regeln einfach clever sind!

„Das ist ja wohl ein Luxusproblem!“, kontert der junge Mitarbeiter an der Hotelrezeption den Hinweis des Gastes, das Bett sei aber arg weich. Eine coole Antwort, doch seitdem hat der Gast schon oft erzählt, was er sich im Viersternehotel XY anhören musste. Die passende Serviceregel hätte diesen Imageschaden verhindern können. Aber Regeln haben selbst ein schlechtes Image. Leider, findet Markus F. Weidner, Experte für Freude an Qualität. Er erklärt, warum exzellente Servicequalität nicht ohne Regeln auskommt.

Begeisterung zählt! Wer braucht da schon Regeln?

Eine gängige Servicemär lautet: Stelle die richtigen Mitarbeiter ein und sorge für gutes Arbeitsklima – der Rest ergibt sich. Leider stimmt das nicht. Begeisterung für die Sache, ein wertschätzender Umgang miteinander, motivierende Ziele, all das ist sehr wichtig. Doch Servicequalität entscheidet sich in unzähligen Alltagsdetails, in jeder einzelnen Begegnung mit dem Kunden. Ein strahlendes Lächeln allein genügt nicht, um Kunden zu begeistern, auch „der Rest“ muss stimmen. Wer mit durchschnittlichen Mitarbeitern überdurchschnittlichen Service bieten will, braucht Regeln. Dasselbe gilt für unerfahrene Mitarbeiter, für Neueinstellungen, für neue Prozesse. Regeln sind hilfreiche Leitplanken, sie erleichtern das Leben. Sie entlasten, weil nicht jedes Mal neu nachgedacht werden muss. Ich hätte mir für den ungeschickten Mitarbeiter an der Hotelrezeption eine Regel gewünscht, etwa „Sämtliche Hinweise von Gästen werden ernstgenommen und schriftlich notiert.“ Der Gast wäre nicht brüskiert worden, und das Hotel hätte ein wichtiges Instrument für kontinuierliche Verbesserungen gewonnen. Wenn Klagen über zu weiche Betten sich häuften, könnte daraus ein neues Serviceangebot erwachsen: die Möglichkeit, schon bei der Buchung anzugeben, ob man eine eher harte oder eher weiche Matratze bevorzugt. Eine simple Regel würde so zur Quelle der Serviceoptimierung. Doch Regeln haben ein mieses Image. Sie gelten als gestrig, spießig, kurz: uncool. Warum eigentlich?

Warum haben Regeln ein so schlechtes Image?

„Erfolg hat, wer Regeln bricht“, heißt ein aktuelles Buch, das sich offenbar sehr gut verkauft. Der Titel trifft einen Nerv. Und in der Tat: Regeln befolgen zu müssen, kann mühsam und lästig sein. Man denke an Rechtschreibregeln, mit denen Lehrer uns jahrelang plagten, oder an Verkehrsregeln, die uns zum Anhalten verdammen oder das Parken verbieten. Andererseits geht eine Bewerbung voller Rechtschreibfehler sofort zurück und ein Autofahrer tut schon im eigenen Interesse gut daran, rote Ampeln zu respektieren.

Erste Erkenntnis: Sich an Regeln zu halten ist manchmal lästig. Sich nicht an (sinnvolle) Regeln zu halten kann aber noch lästigere Folgen haben.

Diese Erkenntnis trifft beispielsweise auch auf die Hygieneregeln zu, die Restaurants befolgen müssen. Die Mitarbeiter zahlreicher Burger King-Filialen in Deutschland wären im November 2014 vermutlich froh gewesen, hätte ihr Management penibel auf deren Einhaltung gedrungen. Möglicherweise wäre ihnen die Kündigung durch den Franchisegeber erspart geblieben. Unter solchen Gesichtspunkten ist das Brechen von Regeln ganz und gar nicht sexy oder cool. Und wer das Buch mit dem griffigen Titel aufblättert, stellt erstaunt fest, dass der Autor fortlaufend Regeln definiert, Regeln für die Auswahl und den Umgang mit Mitarbeitern, Regeln für Feedback, Regeln für die Fokussierung im Business usw.

Zweite Erkenntnis: Ohne Regeln geht es nicht. Sinnvoller als eine Diskussion über Regeln als solche ist eine Diskussion darüber, welche Regeln wir brauchen und welche nicht.

Auf die „großen“, grundlegenden Regeln können wir Menschen uns vermutlich recht schnell einigen. Christen werden kaum die Zehn Gebote infrage stellen, auch die Grundrechte, die grundsätzlichen Regeln menschlichen Miteinanders und Respekts oder zentrale Strafrechtsparagraphen stehen kaum zur Diskussion. Doch auch im Kleinen ist unser Leben durchzogen von Regeln, die wir kaum noch als solche wahrnehmen, weil sie uns seit vielen Jahren vertraut sind. Wir können sicher sein, dass das Papierpaket zu unserem Drucker zu Hause passt und die neue Waschmaschine in die alte Lücke. Wir wissen, wann Geschäfte öffnen und Restaurants schließen. Wir erwarten, dass alle Stufen einer Treppe gleich hoch sind, das entspricht der Norm oder Regel. Wird sie verletzt, geraten wir ins Stolpern.

Dritte Erkenntnis: Regeln erleichtern das Leben. Was ge-regel-t ist, muss nicht immer neu bedacht und gedacht werden.

Vieles, was zu Beginn ein mühsamer Lernprozess war, geht uns durch regel-mäßige Wiederholung der geltenden Regeln in Fleisch und Blut über. Wir müssen nicht an jeder Kreuzung überlegen, wer jetzt wohl Vorfahrt haben könnte. Und der Mitarbeiter an der Rezeption, der weiß, wie mit Hinweisen und Klagen von Gästen umzugehen ist, muss das nächste Mal nicht spontan Zuflucht zu einer Bemerkung nehmen, die nach hinten losgehen kann. Er wird sein Bedauern ausdrücken, dem Gast für den Hinweis danken und ihm versichern, das werde notiert und ins Servicekonzept des Hotels einfließen.

Wie findet man die richtigen Regeln?

„Schreibe auf, was du tust, und halte dich an das, was aufgeschrieben ist“, so lautet die Grundidee des Qualitätsmanagements. Es ist – nicht ganz zu Unrecht – als bürokratische Regelungsmaschinerie in Verruf geraten, als praxisferne Gängelei. Doch auch beim QM gilt: Es kommt drauf an, was man draus macht. Freude an Qualität entsteht, wenn Regeln im Arbeitsalltag als hilfreich verstanden werden, wenn sie entlasten, vereinheitlichen, Zeit sparen, weil sie Fehler und Pannen vermeiden helfen.

Nehmen Sie zum Beispiel ein Start-up-Unternehmen im IT-Bereich. Ein echtes Erfolgsmodell: Binnen fünf Jahren ist die Firma von einer Zweimann-Einheit auf 80 Mitarbeiter angewachsen. Doch plötzlich hakt es an manchen Ecken und Enden, das Betriebsklima verschlechtert sich, die Entwicklung der Umsatzkurve stagniert. Ursache: Wie Aufträge aufgenommen, verteilt und durchgeführt werden, das handhabt jeder ein bisschen anders. Es gibt keine verbindlichen Regeln dafür, Pannen und Missverständnisse sind damit vorprogrammiert. Ob Kunden-Feedback aufgenommen wird, entscheidet das Zufallsprinzip. Die Kennzahlen, an denen der Erfolg eines Projektes gemessen wird, sind in der deutschen Zentrale andere als in den Niederlassungen in Nachbarländern. Als wir dieses Unternehmen aufsuchen, um gemeinsam Regeln für zentrale Arbeitsaufgaben und Prozesse zu erarbeiten, empfängt man uns mit offenen Armen. Mit Anfang 30 ist der Geschäftsführer hier einer der „Älteren“. Doch „uncool“ findet Regeln niemand, das Team von Zwanzig- bis Fünfundzwanzigjährigen ist sehr engagiert bei der Sache.

Vierte Erkenntnis: Regeln, zu denen man selbst beigetragen hat, befolgt man leichter als fremdbestimmte.

Freude an Qualität durch „ge-regel-te“ Best Practices

Gute Regeln fangen Best Practices im Alltag ein. Sie erwachsen aus den täglichen Herausforderungen und beschreiben vorbildhafte Lösungen. Sie sind im täglichen Tun geerdet, nicht abstrakt und wirklichkeitsfern. All das ist am ehesten gewährleistet, wenn diejenigen, die die Regeln anwenden, an ihrer Entstehung mitwirken können bzw. die Möglichkeit haben, den Regelkatalog im Nachhinein zu optimieren und falls nötig auch zu korrigieren. Anders als die Zehn Gebote ist ein Unternehmenshandbuch nicht in Stein gemeißelt und nicht für die Ewigkeit angelegt. Ein guter Regelkatalog wird regelmäßig aktualisiert. Ob es dabei um die Prozesse an der Hotelrezeption geht, um die Ausbildungskonzepte verschiedener Unternehmensabteilungen in einem Industriebetrieb oder um die Umsetzung der Hygienerichtlinien im Restaurant ist sekundär. Ein Regelkatalog, der der Lebenswirklichkeit entspricht, folgt im Wesentlichen dem von William Edwards Deming begründeten Handlungszyklus des Qualitätsmanagements: Plan – Do – Check -Act:

  • „Plan“ steht für die Klärung der eigenen Ziele: Was wollen wir für wen in welcher Weise bieten? Durch wen und in welcher Qualität?
  • „Do“ bezeichnet die Umsetzung der Planung durch klare Verantwortlichkeiten, sauber definierte Arbeitsabläufe und gute Mitarbeiterinformation/-einarbeitung.
  • „Check“ ist die anschließende Erfolgskontrolle: Bewährt sich die Planung in der Praxis?
  • „Act“ meint notwendige Justierungen und Korrekturen, wenn man feststellt, dass die Leistung nicht die gewünschten Qualitätsmerkmale besitzt.

So verstanden, geben Regeln Sicherheit, bürsten den Sand aus dem betrieblichen Getriebe.

Fünfte Erkenntnis: Regeln befreien den Service vom Zufall und von der persönlichen Tagesform. Sie entlasten und schaffen freie Kapazität dafür, über weitere kleine Service-Sahnehäubchen nachzudenken.

Fazit: Regeln sind die Basis für Freude an Qualität. Und die allermeisten Menschen möchten ihre Arbeit gut machen. Man muss ihnen nur die Möglichkeit dazu geben. Dabei helfen durchdachte Prozesse, klare Verantwortlichkeiten und gute Einweisung. Vielleicht halten wir es daher mit dem Universalgenie Leonardo da Vinci, der vor rund 500 Jahren schrieb: „Zuverlässige Regeln sind die Kinder einer zuverlässigen Erfahrung, die in der Tat die Mutter sämtlicher Wissenschaften und Künste ist.“ Cooles Zitat, oder?

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Autor: Markus F. Weidner | Zuerst erschienen auf: http://pregas.de

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