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Klöckners Tierwohl-Label muss EU-tauglich werden

Bundesministerin Julia Klöckner: Tierwohl-Label soll 2020 EU-weit verbindlich werden

Die Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft Julia Klöckner hat angekündigt, während der deutschen Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte 2020 ihr Tierwohl-Label EU-weit verbindlich machen zu wollen.

Klöckner betont: Dies sei der einzige Weg zu einer verpflichtenden Kennzeichnung!

„Falls es die Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft ernst meint mit einem europäischen Label, muss sie auch ein Konzept vorlegen, das EU-tauglich ist. Was Klöckner jetzt ins Bundeskabinett eingebringen will, taugt dafür eindeutig nicht“, kommentiert Felix Prinz zu Löwenstein, Vorsitzender des Bio-Spitzenverbandes Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) den nun schon seit Monaten andauernden politischen Streit um das vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) geplante Tierwohllabel und erklärt: „Es ist doch nicht vorstellbar, dass man sich in Deutschland einen Sonderweg ausdenkt, diesen national einführt, damit Fakten schafft und dann erwartet, dass der Rest Europas das dankbar für sich annimmt. Deshalb muss die Ministerin das Konzept aufgreifen, das heute schon Europa-weit funktioniert und von den Kundinnen und Kunden gelernt ist: das der Eier-Kennzeichnung.“

„Die Eierkennzeichnung ist nicht ohne Grund außerordentlich erfolgreich“, bewertet der BÖLW-Vorsitzende. Denn die Kennzeichnung von 0 bis 3 zeige dem Kunden deutlich wie die Tiere gehalten wurden – auf jeder Eierpackung. Weiterer Vorteil: Es braucht keine weitere zeit- und kostenintensive Verbraucher- noch Marktforschung. „Denn die Praxis beweist seit vielen Jahren, dass die europaweite Haltungskennzeichnung beim Ei bekannt ist, verstanden wird und wirkt“, so Löwenstein. „Wenn die Ministerin hingegen darauf besteht, ein Label durchzusetzen, das genau umgekehrt gestaltet ist als dieses etablierte Kennzeichnungssystem, macht sie damit klar: es soll bei einem nationalen Alleingang für ein unverbindliches Zeichen bleiben.“

Sowohl die SPD als auch einzelne Unions-geführte Landwirtschaftsministerinnen der Bundesländer, die Agrarexperten der Opposition im Bundestag sowie viele Verbände der Land- und Lebensmittelwirtschaft haben die Ministerin aufgefordert, ihren Sonderweg für ein freiwilliges Tierwohl-Label abzubrechen. Die Akteure fordern vom BMEL, einen Entwurf vorzulegen, der eine verpflichtende Kennzeichnung für die gesamte Wirtschaft enthält und das für alle Fleischprodukte am Markt eingesetzt werden kann.

Löwenstein ist darüber hinaus überzeugt, dass jedes Label immer nur ein Instrument für den Übergang zu einer enkeltauglichen Landwirtschaft und Ernährung sein könne. Denn schließlich sei stets nur ein Teil der Menschen bereit, freiwillig höhere Preise zu zahlen. „Das reicht nicht aus, weder für mehr Tierwohl noch für Bauern oder unsere Umwelt“, so der BÖLW-Vorsitzende und fährt fort: „Gerade bekräftigten englische Forscher noch einmal öffentlich, dass die nächsten zehn Jahre darüber entscheiden, ob es uns gelingt, den Zusammenbruch unserer Ökosysteme zu verhindern. Damit der dafür erforderliche Umbau unserer Ernährungssysteme gelingt, brauchen wir Preise, die die Wahrheit sprechen. Vor dieser Aufgabe darf sich die Politik nicht weiter drücken. Sprechen die Preise die Wahrheit, wird ganz automatisch sichtbar, wie teuer uns auch das scheinbar so billige Fleisch zu stehen kommt.“ Dann werde niemand mehr zu Fleisch und Milchprodukten greifen wollen, die auf Kosten der Tiere, der Bauern und der Umwelt erzeugt wurden.

Zum Hintergrund

Fleisch und Wurst aus artgerechter Tierhaltung erkennen Kunden heute schon am Bio-Siegel.
Die Agrarminister haben mit ihren letzten Beschlüssen zur Fleischkennzeichnung den richtigen Weg aufgezeigt: Eine Kennzeichnung von Fleisch funktioniert dann, wenn sie klar, einfach und verpflichtend ist. Was im Markt beim Ei gelernt ist, muss jetzt auf ein Label für Fleisch übertragen werden.
Zuvor hatte Julia Klöckner die Nestlé´s Lebensmittelampel "Nutri-Score" blokiert. Wir hatten im Juni darüber berichtet.
Julia Klöckner plant trotzdem einen Sonderweg, der mehr Verwirrung als Klarheit für die Kunden und nur wenig für die Tiere bringen würde. Das geplante staatliche Tierwohllabel soll nicht verpflichtend sein. Der gesetzliche Mindeststandard – und damit das Gros der Produkte – sollen ungelabelt bleiben. Mit der Einstiegsstufe würde nach wie vor das Entfernen der Schweineschwänze Standard sein, was gegen geltendes EU-Recht verstößt.

Zwar soll es Regeln geben, nach denen die Tiere je nach Stufe mehr Platz im Vergleich zum gesetzlichen Mindeststandard bekommen. Doch fast alles, was über diese Platzvorgaben hinausgeht, beschreibt keine Verbesserung, sondern ist lediglich die Konkretisierung der gesetzlichen Mindestanforderungen – zum Beispiel in den Bereichen Schlachtung oder Transport. Die Kriterien, die das Tierwohllabel von einem Haltungslabel unterschieden hätten, hat das Ministerium weitgehend gestrichen.

Im Wesentlichen soll den Tieren in der niedrigen Stufe 20 % mehr Platz gegeben werden. Geplant waren ursprünglich knapp 30 %. Eine Einteilung der Bucht in Bereiche für die Grundbedürfnisse der Tiere wie Ruhen, Koten oder Fressen ist bei der Enge nicht möglich. Bei dieser Haltungsform müssen die Schwänze der Ferkel auch weiterhin abgeschnitten werden, weil die Tiere sich nicht aus dem Weg gehen können – das verstößt gegen EU-Recht.

Wo Bio besser ist als das neue Label

- Bio Schweine haben 50 % mehr Platz als in der oberen konventionellen Stufe und dreimal mehr, als der gesetzliche Mindeststandard vorgibt.
- Bio sorgt nicht nur für artgerechte Tierhaltung im Stall und auf der Weide. Bio sorgt auch dafür, dass Feldhase, Wachtel und Rebhuhn Lebensraum haben. Denn Bio-Tiere werden mit Bio-Futter gefüttert, dass ohne chemisch-synthetische Pestizide und Kunst-Dünger angebaut wird. Bio-Bauern dürfen nur so viele Tiere halten, wie die Böden gut vertragen. So leistet Bio nicht nur einen wichtigen Beitrag zur artgerechten Tierhaltung sondern stärk Artenvielfalt, schützt Böden und hält Wasser sauber.
- Bio-Ferkel sind deutlich länger bei der Muttersau, als es beim Tierwohllabel angelegt ist.
- Bei Bio-Tieren und auf dem Bio-Acker ist Gentechnik tabu.
- Artgerechte Haltungsbedingungen sind entscheidend, damit der Antibiotikaeinsatz massiv begrenzt werden kann.
- Bio umfasst die gesamte Produktionskette vom Futter bis zur Wurst. So sind bei der Bio-Wurst Farbstoffe und Phosphate verboten.

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Quelle: BÖLW | Bild ©: BÖLW

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