DHV ist nicht tariffähig
Die Ausweitung von Billigtarifen nimmt ein Ende
Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), die IG Metall, die Gewerkschaft NGG und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßen die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom heutigen Tage, mit der die Tarifunfähigkeit des DHV („DHV – Die Berufsgewerkschaft e.V.“) nach fast acht Jahren Verfahrensdauer rechtskräftig festgestellt wird.
DHV kann damit keine Tarifverträge mehr wirksam abschließen (Aktenzeichen: 1 ABR 28/20).
„Dies ist ein weiterer wichtiger Schritt im Kampf gegen die Ausweitung von ‚Billigtarifen‘“, erklärte die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Andrea Kocsis. „Die Anforderungen an die Schlagkraft und Zukunftsfähigkeit der Gewerkschaften steigen, wie nicht zuletzt auch die Corona-Pandemie gezeigt hat. Umso mehr muss den Aktivitäten von Scheingewerkschaften entgegengetreten werden!“
Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall: „Die IG Metall begrüßt den Beschluss des BAG und die damit verbundene Stärkung der Tarifautonomie. Die Tarifverträge der IG Metall erfahren durch das Urteil eine Aufwertung. Tarifverträge sind kein Selbstzweck. Sie werden von den Mitgliedern erstritten und setzen die Messlatte für die Umverteilung in den Unternehmen. Sie zu unterbieten, bedeutet den Beschäftigten Geld vorzuenthalten.“
Der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Freddy Adjan: „Dieses Urteil ist ein wichtiger Meilenstein, auch auf dem Weg zu guten Arbeitsbedingungen in der Fleischwirtschaft. Es entzieht Gefälligkeitstarifverträgen den Boden.“
Das bekräftigt auch Anja Piel, DGB-Vorstandmitglied. „Es war wichtig, dass wir am Thema drangeblieben sind. Dass die am Verfahren beteiligten Gewerkschaften über acht Jahre gekämpft haben, hat nun abschließend zum Erfolg geführt“, so Piel. „Das ist ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zur Stärkung der Tarifautonomie“.
Bei einer Vereinigung, die keinerlei relevante Verankerung in der Arbeitnehmerschaft habe, sei es absurd, wenn diese sich anmaße, in deren Interesse sprechen zu können und Tarifverträge abschließe. „Ein Tarifvertragssystem kann nur dann funktionieren und die Tarifautonomie, wie sie im Grundgesetz vorgesehen ist, nur dann wirklich gelebt werden, wenn Tarifverhandlungen auf Augenhöhe stattfinden. Nur so können Arbeitnehmerinteressen auch durchgesetzt werden“, betonte Kocsis.
Nach Auffassung des BAG ist DHV trotz der von ihm abgeschlossenen Tarifverträge keine Gewerkschaft, da ihm die Mächtigkeit fehle. Gewerkschaften müssen aber, wenn sie tariffähig sein wollen, über die notwendige Durchsetzungskraft verfügen. DHV hatte in der Vergangenheit viele Gefälligkeitstarifverträge zu Lasten der Beschäftigten abgeschlossen. Die beteiligten Gewerkschaften fühlen sich in ihrer Rechtsauffassung durch das BAG in vollem Umfang bestätigt. Diese Entscheidung verbessere die rechtliche und vor allem finanzielle Situation der Beschäftigten in einem großen Teil der Dienstleistungsbranchen einschließlich der Leiharbeit, hieß es.
Das jetzige Verfahren geht zurück auf einen gemeinsamen Antrag der Länder Berlin und Nordrhein-Westfalen, der Gewerkschaften ver.di, IG Metall und NGG sowie des DGB Ende 2013 beim Arbeitsgericht Hamburg. Dies hatte festgestellt, dass der DHV e.V. keine tariffähige Gewerkschaft ist. Das LAG Hamburg hob diese Entscheidung auf. Anschließend befasste sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit dem Rechtsstreit und verwies ihn an das LAG zurück. Das LAG sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass der DHV tariffähig sei. Das LAG Hamburg korrigierte diese Entscheidung und stellte die Tarifunfähigkeit des DHV fest. Auf die hiergegen eingelegte Rechtsbeschwerde hat das BAG die Entscheidung des LAG vollumfänglich bestätigt. Das BAG bestätigte das LAG Hamburg, das nach umfangreichen Untersuchungen u.a. festgestellt hatte, dass die vom DHV behaupteten Angaben zur Mitgliederzahl nicht nachvollziehbar seien. Selbst wenn man diese aber als richtig unterstellen wolle, reiche die angegebene Mitgliederzahl nicht aus, um von einer der Tariffähigkeit genügenden Mächtigkeit ausgehen zu können.
Der DHV hatte im Laufe der letzten Jahre mehrfach seine Satzung verändert, um seine Tarifzuständigkeit auszuweiten. Damit konnten die Tarifverträge, die im Rahmen der früheren Tarifzuständigkeit abgeschlossen wurden, keine Indizwirkung für die Mächtigkeit mehr entfalten.
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